Andacht Quasimodogeniti

Herzlich willkommen in der österlichen Freudenzeit!

„Ich glaube nur, was ich sehe“, sagen viele. Was ich mit dem Verstand fassen kann, was
ich begreifen kann, nur das hat Bestand. Auferstehung? Das passt da nicht hinein. Wo
war der Beweis?
Der erste Sonntag nach Ostern erzählt davon, wie Jesus den Zweiflern und Skeptikern
entgegenkam, sich anfassen ließ und gemeinsam mit ihnen aß. So konnten sie später
auch glauben, was sie nicht sahen: die unsichtbare Gemeinschaft mit Christus. Schon
jetzt haben Christen Anteil an seinem, dem neuen Leben. Darf man das glauben? „Selig
sind, die nicht sehen und doch glauben“, sagt Jesus.
Der „ungläubige Thomas“ konfrontiert uns mit dem Wunsch, Glaubensinhalte zu sehen
und zu verstehen. Der Glaube an die Auferstehung aber richtet sich nicht auf eine
beweisbare Tatsache – er ist ein Vertrauensakt.
Ostern ist nun eine Woche her. Die Aufregung der Jünger vom Ostermorgen durch die
Entdeckung des leeren Grabes hat sich gelegt. Das Evangelium für den heutigen Sonntag
wird uns von einem besonderen Treffen erzählt: der Jünger Thomas trifft auf Jesus.
Thomas will es jetzt wissen: War es wirklich Jesus, der da war? Das ist für ihn
entscheidend. Danach wird er beurteilen, was die vergangenen Tage ihm sagen. Das ist
doch etwas, was die meisten Menschen von heute ähnlich ist. Und dann passiert es
wirklich – Jesus kommt:

Evangelium Joh 20, 19-20 + 24-29

Erzähler:
Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt
und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und
trat mitten unter sie und spricht zu ihnen:

Jesus:
Friede sei mit euch!

Erzähler:
Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

Erzähler:
Thomas aber, einer der Zwölf, der Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm:

Jünger:
Wir haben den Herrn gesehen.

Erzähler:
Er aber sprach zu ihnen:

Thomas:
Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben.

Erzähler:
Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht:

Jesus:
Friede sei mit euch!

Erzähler:
Danach spricht er zu Thomas:

Jesus:
Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Erzähler:
Thomas antwortete und sprach zu ihm:

Thomas:
Mein Herr und mein Gott!

Erzähler:
Spricht Jesus zu ihm:

Jesus:
Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Thomas bekommt seine Chance. Er darf seine Finger in die Wundmale Jesu legen –
damit verändert sich für ihn alles. Er geht mit der Gewissheit: Jesus lebt. So geht er in
seinen Alltag. Wie wunderbar – Thomas darf Jesus auf Augenhöhe begegnen. Gott
nimmt sich Zeit für ihn. So kann Thomas zu seinem eigenen Glauben finden, der fähig ist
die Zweifel zu überwinden.
Doch auch für den, der seinen Glauben gefunden hat, werden Zweifel immer wieder
aufbrechen, das kenne ich von mir. Zum Glauben gehören die Zweifel dazu, wie die
Nacht zum Tag. So ein bisschen Thomas – das kenne ich doch auch von mir. Auch ich
möchte gern etwas anfassen um zu verstehen. Der ganze Mensch will überzeugt
werden, damit er die Osterbotschaft begreifen kann.
Beim Propheten Jesaja lese ich den Predigttext für den heutigen Sonntag:
„Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer
vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß,
dass nicht eins von ihnen fehlt. Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst:
»Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«?
Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde
geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt
dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.“
Ja: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“

Ihre Annegret Lattke

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